Dem australischen Byron Bay oder kurz Byron eilt unter Backpackern ein unglaublicher Ruf voraus. Wenn man erstmal da sei, verliere man das Zeitgefühl. Aus ein paar Tagen werde eine Woche, aus ein paar Wochen ein Monat. Der Ort sei eigentlich nichts Besonderes, aber darin besonders gut. Ein entspanntes Hippie-Städtchen, in dem man sogar barfuß ausgehen könne. „But don’t expect too much“, warnt ein Reisender aus Estland. Schwierig, wo ich doch nun schon so viel über Byron gehört habe. Vorsichtshalber plane ich drei bis vier Nächte ein und kann eine halbe Woche vorher kaum noch eine Unterkunft finden. Zumindest nicht direkt im Zentrum. Ich bin mir aber sicher: Das Byron Bay Beach Resort direkt am Strand Belongil Beach wird es auch tun. Und es soll mehrmals täglich einen Shuttlebus zum Ortskern geben.
Von einer anderen Reisebekanntschaft weiß ich, dass ich mich auf einen Singer-Songwriter namens Tom freuen kann. Sein Style erinnert an Jack Johnson, der übrigens Australier ist und hier rauf und runter gespielt wird. Langsame Gitarrenklänge, dazu eine sanfte, dunkle Männerstimme. Leider begegne ich Tom nicht in den Straßen von Byron Bay, dafür aber einer japanischen Sängerin, die mich an eines dieser Mangamädchen erinnert. Nicht unbedingt typisch australisch, mag man denken, wenn man noch nicht in Sydney war, wo ein großer Teil der Einwohner aus Asien kommt.
Unglaublich klar schallt die Stimme der Musikerin über den Platz zwischen Woolworth und dem Bottle Shop, in dem zu jeder Tages- und Abendzeit Alkohol gekauft wird. Denn nur diese Art von Laden hat in Australien eine Lizenz dazu, mit Spirituosen zu handeln. Hier kann man als armer Ostküstenpendler auch den sogenannten „Goon“ erstehen, einen billigen Weißwein, den man sich selbst aus einem Pappkarton zapft. Interessant: In der Provinz von Byron gibt es das gewöhnungsbedürftige Gesöff nur in 2- statt in 4-Liter-Packungen. Auch Hartalkohol darf per Gesetz nur in weniger als 1-Liter-Mengen über den Ladentisch gehen.
Aber in Byron Bay geht es ja auch nicht nur ums Trinken, Feiern und Leute Kennen- und Liebenlernen. All das kann man dort zwar gut, aber vor allem lässt es sich wunderbar an weiten Sandstränden chillen, in hippen Cafés sitzen, durch Zufall auf kleine gratis Kunstgalerien stoßen oder sich in Hippie-Läden verlieren. Für 40 Dollar (30 Euro) bekommt man ein farbenfrohes Strandkleid aus Nylon, das im Prinzip keinen Schnitt hat und nur zum Überwerfen gedacht ist, dafür aber garantiert super luftig auf der Haut liegt. Daneben findet sich in mittelteuren bis gehobeneren Boutiquen die ganze Bandbreite der aktuellen australischen Mode: Muster, Strick, Lochmuster, Stickerei – alles was sommerlich und verspielt ist, ist erlaubt.
Auch Schmuck- oder Interior-Fans werden in Byron fündig. Zum Beispiel bei AHOY TRADER, ein kleiner Wohlfülladen für Fans von Lampen, Wohndeko und Ethno-Style. Die Keramik-„Bullaugen“ und -Kruzifixe, die die Wände schmücken, hat der Ladenbesitzer Jai Vasicek selbst designt, genau wie die Strandtücher, die man dank Lederriemen gleich als Tasche tragen kann. Jai ist auf einem Schiff aufgewachsen und in Byron Bay sesshaft geworden, um seinen Traum eines eigenen Shops zu verwirklichen. Seine Inspiration holt er sich auf Reisen und gestaltet sein Geschäft alle paar Monate neu. Die Sachen gibt’s inzwischen auch online (wordwide shipping), weil sie so beliebt sind, dass Wohn- und Fashionzeitschriften wie die VOGUE China gerne mal an der Tür klopfen.
Wer in Byron Bay ausgiebig bummeln möchte, sollte auf jeden Fall auch in kleine Seitenstraßen oder versteckte Passagen einkehren, denn in Byron gibt es mehr als die für viele Küstenorte charakteristische Haupt-Ausgeh- und Einkaufsmeile. Dabei kommt der Ort auch ohne die Hochhäuser und großen Clubs à la Surfers Paradise aus. Vielleicht ist das der Grund, warum nicht nur Touristen hierher kommen. So kann es einem passieren, dass man im Hostel auch auf einen Australier stößt, der als Sport-Event-Manager beruflich in der Stadt ist oder in einem Pub Sydneyaner trifft, die aus Anlass einer Hochzeit am Stadtrand ein kleines Holzhaus mit Garten und Grill gemietet haben. Auch Surfer lockt Byron Bay magisch an.
Ein Besuch der Hippie-Stadt ist jedoch nicht komplett, wenn man das Wahrzeichen, den Leuchtturm, nicht gesehen hat. In zehn Autominuten oder nach einer schönen Wanderung mit Meerblick erreicht man das strahlend weiße Gebäude von 1901. Oben an der Steilküste angekommen, eröffnet der östlichste Punkt Australiens einen malerischer Blick über die Strände und den Ozean!! Manchmal kann man in der Ferne große Meeresbewohner wie Wale (Saison Juni bis November) vorbeiziehen sehen. Aber auch die winzigen Surfer oder Kajakfahrer von hier oben zu beobachten macht Spaß.
Ein Tages- oder Halbtagesausflug von Byron Bay aus kann eine Fahrt nach Nimbin sein, eine kleine Ortschaft im Inland, in der es noch deutlich hippiesker zugeht! Marihuana und Haschkekse werden hier genauso offen angeboten wie Hanfhüte, Lederarmbänder, bunte Badetücher, Ballonhosen oder Bio-Tee. Der Weg dorthin führt durch faszinierende Hügellandschaften, die fast ein wenig an toskanische Weinberge erinnern. Zu viert oder fünft lohnt es sich deswegen auch ein eigenes Auto zu mieten. Ein Tag reicht aber tatsächlich, Nimbin ist im Wesentlichen eine sehenswerte Straße.
Des Abends zurück in Byron Bay können Nachteulen die Location „The Nothern“ testen, die bis 24 Uhr Livekonzerte und dann DJ-Musik zu bieten hat. Weitere Ausgehadressen sind das „Woodies“ oder das „Chieckie Monkeys“, in Letzterem wird buchstäblich auf dem (Metall-)Tisch getanzt. Aber Vorsicht: Schon um 1:30 Uhr greift die gesetzlich festgeschriebene Sperrzeit, die Türsteher seehr ernst nehmen. Dann kommt wirklich niemand mehr in die Clubs. Wer sich also am ersten Abend wundert, warum leicht bekleidete Mädchen in High Heels um 1:20 Uhr an ihm vorbei stürmen, wird am nächsten Tag selbst früher losgehen oder sich zumindest schneller für ein Endziel entscheiden. Gefeiert wird dann meist bis 2h, in manchen Locations aber auch länger. Immerhin kann man bis kurz vor Einlassstopp immer noch einen Happen essen, in günstigen Fast Food Läden wie Dominos (ganze Pizza ab 5 Dollar), Pie Face (lachende Meat Pies) oder einen Kebab für 10 Dollar. Hier begegnet man zu später Stunde Anzugträgern genauso wie Surferboys.
Woran auch immer es nun liegt, in Byron planen alle Backpacker bewusst mehr Zeit ein und somit geht es hier automatisch relaxter zu. In dieser Hinsicht kann man sich gut eine Scheibe Hippie-Lifestyle abschneiden und mit in seinen Alltag nehmen. Ich entspanne jedenfalls gerade schon beim Schreiben dieses Artikels.
Tipps für Backpacker:
- Mindestens drei Nächte in Byron Bay bleiben.
- Übernachtung rechtzeitig buchen. Eine gute, auch wenn kommerzielle Adresse im Zentrum ist das Aquarius, in dem es an jedem Abend irgendeine Gemeinschaftsaktivität gibt.
- Wer es ruhiger mag, kann im strandigen Byron Bay Beach Resort unterkommen, darf aber nicht überrascht sein, dass er für Wifi relativ viel extra zahlt und eher 25 als der angekündigten 15 Minuten Fußmarsch zurücklegen muss. Auch nicht von schlechten Eltern: Das YHA in der Stadt, in dessen Pool man zur Abwechslung echte Bahnen schwimmen kann, und die Arts Factory, die ich selbst nicht gesehen aber empfohlen bekommen habe.
- Über einen Ausflug nach Nimbin nachdenken, auch der Weg dorthin ist was fürs Auge! Es gibt mehrere Autovermietungen in der Stadt, aber auch das Tourismusbüro und die Hostels bieten Touren mit Barbecue-Stop in einem Park mit Wasserfällen an. Kosten: in beiden Fällen etwa 30 Dollar pro Person.
- Einen der bekannten Märkte besuchen: am ersten, zweiten oder vierten Sonntag im Monat. Da gibt’s so ausgefallene Snacks wie Grünkohlchips und tolle Mitbringsel jeglicher Art.